Pflegegrad Widerspruch: Erfolgreich gegen die Ablehnung

Ein Widerspruchsbrief auf einem Schreibtisch

Inhaltsverzeichnis

Es ist ein harter Schlag, wenn fast jeder fünfte Antrag auf einen Pflegegrad abgelehnt wird oder zu einem Pflegegrad führt, der aus Sicht der Antragsteller und ihrer Angehörigen als unzureichend empfunden wird (1). Doch lassen Sie sich davon nicht entmutigen! Es besteht die Möglichkeit, gegen den Bescheid Ihrer Pflegekasse Widerspruch einzulegen. Beachten Sie dabei unbedingt die Einmonatsfrist nach Erhalt des Bescheids (2). In diesem Beitrag informieren wir Sie ausführlich über den Prozess und stellen Ihnen eine Vorlage für den Widerspruch zur Verfügung.

Wie lege ich gegen den Pflegegrad-Bescheid Widerspruch ein? Verfahren und Ablauf

Im Normalfall erhalten Sie innerhalb von ein bis zwei Wochen nach der Begutachtung durch den Medizinischen Dienst bzw. Medicproof den Bescheid Ihrer Pflegekasse. In der Regel stimmt dieser mit dem Gutachten überein und weist Ihnen einen bestimmten Pflegegrad zu oder lehnt die Anerkennung der Pflegebedürftigkeit ab.

Sollten Sie mit dem Ergebnis nicht übereinstimmen, haben Sie das Recht, Widerspruch einzulegen. Dafür haben Sie ab dem Tag, an dem Ihnen der Bescheid zugestellt wurde, einen Monat Zeit. Hier ist rasches Handeln geboten (2).

Für einen erfolgreichen Widerspruch ist eine solide Begründung entscheidend. Die Kenntnis des erstellten Pflegegutachtens ist eine Voraussetzung, um Ihren Einspruch zu begründen. Falls Sie das Gutachten nicht bereits zusammen mit dem Bescheid erhalten haben, sollten Sie es umgehend anfordern. Eine umfassende Begründung ist essenziell für den Erfolg Ihres Widerspruchs, scheuen Sie daher nicht den Aufwand.

Potentielle Gründe für einen Pflegegrad Widerspruch

Wann ist ein Widerspruch zulässig? Ihr Widerspruch basiert auf der Annahme, dass die tatsächliche Pflegesituation einen höheren oder im Falle einer Ablehnung überhaupt einen Pflegegrad rechtfertigt.

Die folgenden Umstände könnten zu einer Fehleinschätzung führen:

  • Die pflegebedürftige Person war am Tag der Begutachtung ungewöhnlich fit und selbstständig
  • Die Person hat ihren eigenen Bedarf an Unterstützung falsch dargestellt
  • Der gesundheitliche Zustand der pflegebedürftigen Person hat sich seit dem Gutachten deutlich verschlechtert
  • Es wurden wichtige Aspekte der Pflege im Gutachten nicht berücksichtigt

Wie Sie diese Begründung schriftlich formulieren, erfahren Sie im nächsten Abschnitt.

Formale Gründe: Fehler im Pflegegrad-Bescheid

Zusätzlich zu den inhaltlichen Gründen, die eine Wiederholung der Begutachtung erforderlich machen, gibt es auch formale Gründe für einen Widerspruch. Diese führen dazu, dass der Bescheid der Pflegekasse ungültig wird und Sie dann ohne inhaltliche Begründung einen Widerspruch aus formalen Gründen einreichen können.

Die folgenden formalen Gründe rechtfertigen einen umgehenden Widerspruch:

  • Der Bescheid erfolgt ohne Begründung und es liegt außerdem kein Gutachten bei.
  • Das Schreiben enthält keinen Hinweis auf die Möglichkeit zum Widerspruch (die sogenannte Rechtsbehelfsbelehrung).
  • Der Bescheid wurde weder persönlich unterschrieben noch als „maschinell erstellter Bescheid“ gekennzeichnet.
  • Es ist kein Absender vermerkt.

Formale Fehler sind allerdings eher selten. Ein Widerspruch in solch einem Fall führt oft nur dazu, dass Sie kurz darauf einen gültigen Bescheid mit dem gleichen Inhalt erhalten. Wenn Sie jedoch das Ergebnis der Begutachtung ändern möchten, müssen Sie Ihren Widerspruch inhaltlich begründen.

Erste Phase: Den Widerspruch rechtzeitig einreichen

Roter Wecker und Kalender symbolisieren die Frist für einen Widerspruch
Symbolische Darstellung der Frist für einen Widerspruch

Es ist von entscheidender Bedeutung, dass Sie Ihren Widerspruch innerhalb der gesetzlichen Frist einreichen, die einen Monat beträgt und ab dem Tag der Zustellung beginnt (2). Für Ihre eigene Sicherheit können Sie auch das Datum des Poststempels auf dem Schreiben der Pflegekasse berücksichtigen. Vergessen Sie nicht, dieses Schreiben aufzubewahren.

Fristverlängerung durch fehlende Rechtsbelehrung

In Ihrem Bescheid zum Pflegegrad muss die Pflegekasse Sie darauf hinweisen, dass Sie das Recht haben, gegen den Bescheid Widerspruch einzulegen. Sollte diese sogenannte Rechtsbelehrung fehlen, verlängert sich die Frist für einen möglichen Widerspruch auf ein ganzes Jahr (3). Sobald die Widerspruchsfrist verstrichen ist, wird der Bescheid als „bestandskräftig“ betrachtet. Dies bedeutet, dass der Pflegegrad erst nach einer erneuten Antragstellung und einer anschließenden erneuten Begutachtung geändert werden kann – allerdings frühestens nach sechs Monaten.

Ausnahmen bei verschlechterter Gesundheit

Falls sich der Gesundheitszustand der pflegebedürftigen Person nach dem Ablauf der Widerspruchsfrist stark verschlechtert, zum Beispiel durch einen Schlaganfall, müssen Sie nicht sechs Monate warten. Sie können unter Verweis auf die gesundheitliche Veränderung unverzüglich einen neuen Antrag stellen.

Es ist daher dringend notwendig, dass Sie einen schriftlichen Widerspruch innerhalb der Frist an die Pflegekasse schicken. Sie sind nicht verpflichtet, in diesem Schreiben eine detaillierte Begründung vorzulegen. Sie erhalten als Antwort auf Ihr Widerspruchsschreiben einen Brief von der Pflegekasse, in dem das weitere Vorgehen erläutert wird.

Wer kann Widerspruch einlegen?

Den Widerspruch gegen den Pflegegrad-Bescheid sollte grundsätzlich die pflegebedürftige Person selbst verfassen. Alternativ kann dies eine Person mit spezieller Vollmacht, eine zuständige ambulante Pflegekraft, ein gesetzlich bestellter Betreuer oder ein Anwalt mit entsprechendem Mandat erledigen. Es reicht nicht aus, mit der pflegebedürftigen Person verwandt zu sein oder an deren Pflege beteiligt zu sein.

Muster-Vorlage für den Widerspruch

Der Widerspruch ist nicht an eine bestimmte Form gebunden. Es ist jedoch wichtig, dass er schriftlich erfolgt. Sie können die Begründung entweder sofort mitsenden oder später nachreichen. Wenn Sie die Begründung nachreichen möchten, sollten Sie dies in Ihrem Widerspruchsschreiben ankündigen.

Sie können gerne die APL Mustervorlage für den Pflegegrad-Widerspruch für den ersten Widerspruch verwenden. Sie müssen nur einige persönliche Angaben ergänzen, das Dokument unterschreiben und schon kann der Widerspruch verschickt werden.

Versäumte Frist? Ein Anwalt kann Unterstützung bieten

Selbst wenn die Frist bereits abgelaufen ist, kann ein Anwalt eine Klage einreichen, um einen Pflegegrad-Bescheid anzufechten. Dies gilt rückwirkend für alle Bescheide der Pflegekasse bis zu vier Jahre (4).

Phase zwei: Den Widerspruch gegen den Pflegegrad fundiert begründen

Pflegekraft in grüner Arbeitskleidung berät einen älteren Mann beim Widerspruch
Pflegeberatung zum Widerspruch gegen den Pflegegrad

Der entscheidende Aspekt Ihres Widerspruchs ist die fachliche Begründung. Durch eine nachvollziehbare Argumentation, warum Ihnen ein höherer Pflegegrad oder überhaupt ein Pflegegrad zuerkannt werden sollte, stehen die Chancen für eine erfolgreiche Revision hoch. Drei wesentliche Komponenten spielen dabei eine zentrale Rolle:

  • Das Gutachten von MD oder Medicproof
  • Unterstützung durch Ärzte, Pflegepersonal und Pflegeberater
  • Dokumente, die einen erhöhten Pflegebedarf bestätigen

Akribische Überprüfung des Gutachtens

Im Regelfall basiert der Bescheid Ihrer Pflegekasse auf dem Gutachten des Medizinischen Dienstes oder von Medicproof. In diesem Gutachten sind die Selbstständigkeit der betreffenden Person und die Situationen, in denen sie Unterstützung benötigt, dokumentiert.

Das Gutachten zur Pflegebedürftigkeit berücksichtigt sechs verschiedene Bereiche, einschließlich Mobilität, Verhaltensweisen und Selbstversorgung. In jedem Bereich werden Punkte für den Unterstützungsbedarf im Alltag vergeben. Die Summe dieser Punkte entscheidet über den zugewiesenen Pflegegrad.

Pflegegrade basieren auf der Punktzahl im Pflegebedarfsgutachten:

  • Pflegegrad 1: ab 12,5 Punkten
  • Pflegegrad 2: ab 27 Punkten
  • Pflegegrad 3: ab 47,5 Punkten
  • Pflegegrad 4: ab 70 Punkten
  • Pflegegrad 5: ab 90 Punkten

Tipp: Eine Überprüfung der Berechnung kann nie schaden

Bevor Sie das Gutachten eingehend analysieren, lohnt es sich, nachzurechnen, ob alle Punkte korrekt zusammengerechnet wurden. Es gab Fälle, in denen ein falscher Pflegegrad aufgrund eines einfachen Rechenfehlers ausgestellt wurde.

Für eine fundierte Begründung Ihres Widerspruchs sollten Sie das Gutachten sorgfältig überprüfen. Wo gibt es Diskrepanzen zwischen dem Gutachten und der tatsächlichen Pflegesituation? Welche Aspekte wurden im Gutachten nicht angemessen berücksichtigt?

Zur Berechnung, ob die angestrebten Veränderungen im Gutachten zu einem anderen Pflegegrad führen, können Sie den umfassenden Ratgeber Pflegegrade konsultieren oder den kostenlosen Pflegegradrechner verwenden.

Ziehen Sie die Hilfe von Ärzten, Pflegekräften und Pflegeberatern in Betracht

Die Interpretation eines Pflegegrad-Gutachtens ist nicht trivial. Insbesondere für Laien ist es eine Herausforderung zu beurteilen, wo das Gutachten korrekt ist und wo der Pflegebedarf unterschätzt wurde. Bei Bedarf sollten Sie hierzu Dritte hinzuziehen, die über einschlägige Erfahrungen verfügen.

Wenn Sie bereits einen ambulanten Pflegedienst in Anspruch nehmen, haben Sie leicht Zugang zu qualifizierter Unterstützung. Die professionellen Pflegekräfte kennen die betreffende Person schon und können die einzelnen Punkte im Gutachten meist gut einschätzen.

Auch die Pflegeberatung gemäß § 37.3 ist eine geeignete Anlaufstelle für Beratung im Falle eines Widerspruchs. Da Pflegeberater in der Regel mit dem Widerspruchsverfahren vertraut sind, können sie Sie dabei kompetent unterstützen.

Ein Gegengutachten von einem unabhängigen Pflegegutachter ist besonders aussagekräftig. Allerdings müssen Sie das Gegengutachten selbst finanzieren. Und in der Regel bleibt Ihnen trotzdem eine erneute Begutachtung durch einen offiziellen Gutachter des MD oder von Medicproof nicht erspart.

Ein Gegengutachten ist nur in Fällen notwendig, in denen der Pflegegrad-Bescheid sehr stark von der Pflegesituation abweicht, oder wenn Sie vor dem Sozialgericht klagen.

Nützliche Dokumente bereithalten

Alle relevanten medizinischen Dokumente, wie z.B. Arztbriefe, Atteste, Krankenhausberichte oder Medikamentenpläne, sollten bereits bei der ersten Begutachtung vollständig vorliegen und im Gutachten berücksichtigt werden.

Checkliste mit wichtigen Punkten für einen Pflegegrad-Widerspruch
Farbige Checkliste mit relevanten Punkten für einen Widerspruch

Sollte dies jedoch nicht der Fall gewesen sein oder wurden die Dokumente nach Ihrer Meinung nicht korrekt bewertet, können Sie diese verwenden, um Ihren Pflegegrad Widerspruch zu begründen. Ein Beispiel: Im Gutachten wurde die Mobilität als sehr gut eingestuft, obwohl es ein Attest über eine schwere Arthritis gibt.

Neben den medizinischen Unterlagen sind auch persönliche Aufzeichnungen zum Pflegeaufwand wichtig. Falls Sie vor der Erstbegutachtung noch keine solchen Notizen gemacht haben, sollten Sie dies nun unbedingt tun.

Experten-Tipp: Erstellen Sie ein „Pflegetagebuch“ und dokumentieren Sie darin, wo und wann Sie im Pflegealltag Unterstützung benötigen. Ein entscheidendes Kriterium für die Pflegeversicherung ist die konkrete Hilfe durch Dritte. Erfassen Sie also auch: Welche Pflegeperson leistet die notwendige Hilfe bei einzelnen Situationen im Pflegealltag?

Wie lange dauert der Widerspruchsprozess bei einem Pflegegrad?

Die Bearbeitungszeit für Ihren Widerspruch gegen einen Pflegegrad kann recht kurz sein, oft vergehen nur wenige Tage oder Wochen bis zu einer Antwort. Es ist jedoch zu beachten, dass die Pflegekasse theoretisch das Recht hat, bis zu drei Monate für die Bearbeitung Ihres Widerspruchs einzuplanen (5).

Sanduhr auf einem Stapel Dokumente symbolisiert die Wartezeit bei einem Widerspruch
Symbolische Darstellung der Bearbeitungszeit eines Widerspruchs

Sollte es zu dem Ergebnis kommen, dass Ihr ursprünglicher Pflegegrad zu niedrig angesetzt war, haben Sie Anspruch auf eine rückwirkende Auszahlung der höheren Pflegeleistungen. Wenn sich die Pflegesituation in der Zwischenzeit jedoch verändert hat, gilt das nicht.

Falls die maximale Bearbeitungszeit von drei Monaten überschritten wird, können Sie eine sogenannte Untätigkeitsklage einreichen. Dies sollte allerdings nur als letzter Schritt in absoluten Ausnahmefällen in Betracht gezogen werden.

Wie bereite ich mich auf eine erneute Begutachtung vor?

Nach einem erfolgreichen Widerspruch kann eine erneute Begutachtung Ihres Pflegegrades stattfinden. Ein Gutachter vom Medizinischen Dienst oder von Medicproof wird dann einen Termin mit Ihnen vereinbaren.

Die Wiederholungsbegutachtung läuft ähnlich ab wie die erste Begutachtung: Es wird nicht nur der Inhalt des Widerspruchs geprüft, sondern auch die Gesamtsituation der Pflege. Dennoch kann es vorkommen, dass der Gutachter speziellen Klärungsbedarf bei den Punkten sieht, gegen die Sie Widerspruch eingelegt haben. Das hängt von Ihrer individuellen Situation ab.

Hier einige Tipps zur Vorbereitung auf die Wiederholungsbegutachtung:

  • Alle relevanten Personen für die Pflege sollten bei der Begutachtung anwesend sein.
  • Planen Sie genügend Zeit für den Termin ein.
  • Schildern Sie die Pflegesituation ehrlich und offen.
  • Halten Sie alle wichtigen Dokumente griffbereit.

Erwarten Sie allerdings nicht, dass Ihnen der Gutachter unmittelbar nach dem Termin sagt, wie das Ergebnis der Begutachtung aussieht. Diese Information erhalten Sie in der Regel erst mit dem neuen Bescheid der Pflegekasse.

Hinweis

Bei einer erneuten Begutachtung nach einem Widerspruch ist ein strukturiertes Telefoninterview zur Pflegebegutachtung nicht zulässig (6).

Wie stehen die Erfolgschancen für einen Widerspruch gegen den Pflegegrad?

Viele Betroffene fragen sich vor dem Einlegen eines Widerspruchs, ob es überhaupt sinnvoll ist. Generell lassen sich gute Erfolgsaussichten feststellen, da viele Widersprüche erfolgreich sind.

Ihre individuelle Situation entscheidet jedoch über Ihre genauen Erfolgschancen. Besonders erfolgversprechend ist der Widerspruch, wenn nur wenige Punkte für einen höheren Pflegegrad oder den Erhalt von Pflegegrad 1 fehlen.

Ältere Frau hält genehmigten Pflegegrad-Bescheid in die Kamera
Eine ältere Frau zeigt stolz ihren genehmigten Pflegegrad-Bescheid

Selbst wenn Ihre Situation nicht ganz so eindeutig ist: Lassen Sie sich nicht von bürokratischen Hürden einschüchtern. Ihr Pflegegrad ist von entscheidender Bedeutung für die Finanzierung Ihrer Pflege und Betreuung.

Manchmal erfasst ein erstes Gutachten die tatsächliche Pflegesituation nicht korrekt. In diesen Fällen ist der Widerspruch gegen den Pflegegrad der richtige Weg, um Ihre Rechte durchzusetzen.

Kann ich gegen die Entscheidung der Pflegekasse klagen?

Wenn Ihr Widerspruch gegen den Pflegegrad abgelehnt wird, besteht die Möglichkeit, eine Klage beim Sozialgericht einzureichen. Diese Klage ist für Sie kostenlos.

Unter folgenden Bedingungen können Sie beim Sozialgericht Klage einreichen:

  • Ein Anwalt hat das Gutachten rechtssicher geprüft und Ihren Anspruch auf Leistungen aus der Pflegekasse bestätigt.
  • Das Gutachten enthält Form- und Berechnungsfehler.
  • Sie haben ein unabhängiges Gutachten von einem Pflegesachverständigen eingeholt, das zu einem anderen Ergebnis kommt.
  • Die Pflegekasse lehnt Ihren Antrag auch nach der erneuten Begutachtung ab und verweigert Pflegeleistungen.

Obwohl beim Sozialgericht keine Gerichtskosten für Sie anfallen, sollten Sie mit Kosten für einen Anwalt und einen Pflegesachverständigen rechnen. Die Kosten für den Anwalt müssen Sie nur tragen, wenn Sie den Rechtsstreit verlieren.

Eine Klage ist allerdings aufwendiger und dauert länger als ein Widerspruch. Deshalb sollten Sie diesen Schritt nur in Betracht ziehen, wenn es notwendig ist und Sie gute Aussichten auf Erfolg haben. Ein auf Sozialrecht spezialisierter Anwalt kann Ihre Situation am besten beurteilen und Sie entsprechend beraten.

Wann kann man Widerspruch gegen den Bescheid der Pflegekasse einlegen?

Innerhalb eines Monats nach Zustellung des Bescheids. Ein Widerspruch lohnt sich besonders, wenn eine Höherstufung unbegründet abgelehnt wurde. Entscheidend ist das Gutachten des Medizinischen Dienstes (gesetzlich) oder von Medicproof (privat).

Braucht man einen Anwalt für den Widerspruch?

Nein, ein Widerspruch kann auch ohne Anwalt eingereicht werden. Experten können aber helfen, die Erfolgschancen zu erhöhen – besonders in schwierigen Fällen.

Wie bereitet man den Widerspruch vor?

1. Prüfen Sie das Gutachten: Wurden alle Einschränkungen erfasst?
2. Gab es am Tag der Begutachtung eine ungewöhnlich gute Verfassung?
3. Hat sich der Pflegebedarf seitdem verändert?
4. Sammeln Sie Arztberichte und Atteste.
5. Notieren Sie pflegeintensive Situationen mit Beispielen.
6. Nutzen Sie Pflegegrad-Rechner für eine erste Einschätzung.

Wie reicht man den Widerspruch ein?

Der Widerspruch muss schriftlich erfolgen. Ein Musterformular gibt hier online. Die Begründung ist entscheidend – sie kann selbst verfasst oder mit Hilfe von Pflegeexperten erstellt werden.

Welche Frist gilt für den Widerspruch?

Ein Widerspruch muss innerhalb eines Monats nach Erhalt des Bescheids schriftlich eingereicht werden. Die Pflegekasse hat dann bis zu drei Monate für die Bearbeitung, oft geht es aber schneller.

Gibt es ein Muster für den Widerspruch?

Ja, hier gibt es ein kostenloses Muster, mit dem Sie Ihren Widerspruch einreichen und das Gutachten anfordern können.

Gibt es eine Muster-Begründung für den Widerspruch?

Nein, da die Begründung individuell ist. Prüfen Sie:
1. Sind persönliche Daten und Diagnosen korrekt?
2. Wurden alle Begutachtungsmodule berücksichtigt?
3. Ist die Punktzahl richtig berechnet?
4. Wurde die Pflegesituation realistisch dargestellt?
5. Lagen alle relevanten Arztberichte vor?

Kann man direkt gegen das Gutachten Widerspruch einlegen?

Nein, der Widerspruch muss an die Pflegekasse gerichtet werden, da diese die Entscheidung trifft. Fordern Sie das Gutachten an, um Fehler in der Bewertung zu prüfen.

Wie lange dauert die Bearbeitung eines Widerspruchs?

Die Pflegekasse hat bis zu drei Monate Zeit, meist geht es schneller. Wird die Frist überschritten, kann eine Untätigkeitsklage eingereicht werden.

Was passiert nach dem Widerspruch?

Es gibt zwei Möglichkeiten:
1. Die Pflegekasse prüft Ihren Widerspruch und korrigiert den Bescheid.
2. Ein erneutes Gutachten wird durchgeführt. Wird auch hier der Pflegegrad abgelehnt, bleibt nur die Klage oder ein neuer Antrag nach sechs Monaten.

Kann der Pflegegrad auch herabgestuft werden?

Ja, wenn sich die Pflegesituation erheblich verbessert. Die Pflegekasse muss dies mit einem Gutachten nachweisen. Vor einer Rückstufung haben Sie das Recht auf eine Stellungnahme

Wann kann man einen neuen Antrag stellen?

Statt eines neuen Antrags sollten Sie innerhalb eines Monats Widerspruch einlegen. Ist diese Frist verstrichen, können Sie nach sechs Monaten einen neuen Antrag stellen.


Quellen

(1) Bundesgesundheitsministerium (o. J.): Erledigung der Anträge auf Feststellung der Pflegebedürftigkeit
https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/Statistiken/Pflegeversicherung/Antragsstatistik/2020_Erledigung-der-Antraege.xlsx (letzter Abruf am 05.03.2025)

(2) Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (ohne Jahr): Sozialgerichtsgesetz (SGG) – § 84 Abs. 1 Satz Sozialgerichtsgesetz
https://www.gesetze-im-internet.de/sgg/__84.html (letzter Abruf am 05.03.2025)

(3) Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (ohne Jahr): Sozialgerichtsgesetz (SGG) – § 66
https://www.gesetze-im-internet.de/sgg/__66.html (letzter Abruf am 05.03.2025)

(4) Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (ohne Jahr): Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) – § 44 Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes
https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_10/__44.html (letzter Abruf am 05.03.2025)

(5) Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (ohne Jahr): Sozialgerichtsgesetz (SGG) – § 88 Abs. 2 Satz Sozialgerichtsgesetz
https://www.gesetze-im-internet.de/sgg/__88.html (letzter Abruf am 05.03.2025)

(6) Medizinischer Dienst Bund (2023): Richtlinien zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit
https://md-bund.de/fileadmin/dokumente/Publikationen/SPV/Begutachtungsgrundlagen/BRi_Pflege_29092023.pdf (letzter Abruf am 05.03.2025)

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Das hier ist ein Blog für Fachkräfte im Pflegebereich und Angehörige von Pflegebedürftigen. 

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